Anreise von Wien ins Allgäu

„Das größere Abenteuer wird sicherlich die Anreise werden.“ meinte D. an einem der letzten Abende zu mir, bevor ich meine Tour startete.

Was soll ich sagen? Es ging mir die letzten Tage gesundheitlich nicht gut, ich hatte Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, linkes Knie schmerzte ein wenig, aber trotzdem gab es für mich kein zurück und ich kaufte schließlich das Zugticket und besiegelte so meine Tour.

Die guten Zusprüche und Wünsche meiner lieben Mitmenschen und Freunden, egal ob auf Facebook, per Nachrichten oder persönlich sind eine enorme Motivation und ich freue mich, dass sich so viele Menschen für meine Unternehmung interessieren. Aber natürlich bleibt eine nicht unbeachtliche Restnervosität, da ich auf mich alleine gestellt bin.

Sonntag 14:55 startete der IC-Zug Richtung Salzburg Hauptbahnhof. Das Verladen des Fahrrads und das Ausladen war überraschend einfach, das Personal freundlich und hilfsbereit. Leider stellte ich in Salzburg bereits fest, mein erstes Teil verloren zu haben. Es handelt sich um einen kleinen Plastikhaken meiner Radtasche, damit sie schön seitlich am Rad anliegt. Nichts, was man mit Kabelbinder oder Gaffatape nicht lösen könnte, auch R. meinte am Telefon „Dir wird da sicher etwas einfallen.“ Die Ironie des Schicksals ist, dass ich an vieles gedacht habe, aber an so etwas naheliegendes wie Kabelbinder nicht und das trotz meines Berufs.

Der Umstieg in Salzburg war ebenfalls sehr einfach und gut ausgeschildert, ich musste jedoch schmunzeln wie ich festgestellt habe, dass ich von Hauptbahnhof (Wien) zu Hauptbahnhof (Salzburg) gereist bin, und dass es bei beiden Bahnhöfen einen Südtiroler-Platz gibt.

Von Salzburg an fuhr ich mit dem Meridian Zug bis nach München. Leider gab es da kein eigenes Fahrrad-Abteil mehr, aber es war kein Problem einen vorgesehenen Platz dafür zu finden.

In München pünktlich angekommen hieß es nun für mich eine Stunde warten. So aß ich mal eine Currywurst, was bei mir Brauch ist, sobald ich irgendwo in Deutschland angekommen bin. Ich bin mir bewusst, dass München für andere Dinge bekannt ist, jedoch schmecken mir keine Weißwürste und so entschied ich mich dann noch für eine Klischee-Bretzn mit Butter, Salz und Schnittlauch.

Der letzte Umstieg war definitiv der Spannenste. Das Fahrrad Abteil war sehr klein, es waren drei Fahrräder und ein Liegefahrrad bereits abgestellt worden, jedoch halfen mir hier ihre Besitzer für mich noch Platz zu machen. Im Zug selbst fuhr ich dann Richtung Immenstadt.

Um ca. 22:30 kam eine Polizeistreife im Zug und wollte unsere Ausweise sehen. Ich händigte ihnen meinen Personalausweis aus und wartete, bis ich gemerkt habe, dass sie scheinbar Kontakt zur Zentrale gesucht haben. Nach dem Funkgespräch gab der Polizist die Ausweise dem gegenüber sitzenden Pärchen zurück und wie ich meine Hand bereits Richtung Ausweis streckte sprach der Beamte „Mooooment, Herr Polster. So einfach ist das nicht.“ Ich war verwirrt und fragte warum und er meinte nur „Nach dem Ausweis wird gefahndet.“ Ich fragte ihm entsetzt warum. „Er wurde als gestohlen gemeldet. Haben Sie ihren Ausweis als verloren gegangen gemeldet?“ Ich verneinte. „Naja, dann müssen wir nun ihren Ausweis einziehen.“ meinte der Polizist und wollte den Ausweis bereits behalten. Auf meinen Einwurf hin, dass ich diesen für meine weitere Reise benötige, fragte er mich, ob ich ein anderes Reisedokument mit mir mitführte. Ich händigte meinen Führerschein aus und er meinte freundlich zu mir „Das ist sehr gut, Herr Polster. Nun können wir ihre Identität feststellen. Wir kümmern uns um alles, sie brauchen nichts machen.“ Auf meine Frage warum dies erst jetzt auffällt, da ich bereits in Ungarn, Tschechien, Polen, Holland kontrolliert worden bin und dort nie die Fahndung aufgetaucht wäre, meinte er lächeln „Vielleicht sind wir, gründlicher als andere Länder.“ Er vergewisserte sich meiner Identität, notierte die Dokumentennummer und verabschiedete sich mit seiner Kollegin. Die Frage, warum meine Identität mit meinem Personalausweis, der ja ein Foto, persönliche Kennzeichen, meine Unterschrift und andere Dinge hat, nicht nachgewiesen werden konnte, verkniff ich mir lieber.

23:09 ich bin in Immenstadt angekommen und es goss wie aus Kübeln. Ich schaute mich nach S. um, die mich abholen sollte, jedoch war S. weit und breit nicht zu sehen. Ich wartete fünfzehn Minuten, doch es kam niemand. Ich hatte nun ein Problem, da ich im Ausland weder SMS schreiben, noch Anrufe tätigen oder empfangen kann, weiters hatte ich den Zettel mit der Adresse des Bauernhofes zu Hause vergessen.

Ich suchte nach einer Telefonzelle, um S. anzurufen, fand auch eine, nur war die mit Münzen bis zum Münzeinwurfsschlitz voll. Großes Kino. Ich fragte die beiden anderen einsamen Gestalten am Bahnhof, ob ich kurz ihr Handy nutzen dürfte, jedoch hatten beide kein Guthaben, da eine zärtliche Stimme beim Versuch des Telefonats mich darauf hinwies, dass das Guthaben aufgeladen werden muss. Ich ging in das Gastlokal gegenüber des Bahnhofs und dort konnte ich telefonieren.

Ich erreichte S. und sie war scheinbar verwirrt und meinte, dass es ein Vorschlag gewesen sei, dass sie mich abholen würde und wir gemeinsam zum Hof radeln würden. Sie bot mir an, mich mit dem Auto abzuholen, jedoch war meine Laune und Bereitschaft das Rad im Regen noch in ein Auto zu operieren sehr gering. So ließ ich mir die Adresse geben und legte auf.

Zwei der Gäste erklärten mir den Weg (einer in sehr unverständlichem Deutsch, der andere war bemühter verständlich zu sprechen, war aber stellenweise auch verwirrend) und so fuhr ich mitten in der Nacht im Regen das erste Mal mit meinem Fahrrad im Ausland.

Ein Problem stellte sich dann noch heraus, meine Navisoftware ließ mich nicht die Hausnummer eintragen, es wurde nur Ortsmitte vorgeschlagen. Nach acht Kilometer auf Bundesstraßen kam ich dann in meiner Zielortschaft an. Nun ging es daran die Hausnummer eins zu finden, man beachte es ist wettertechnisch noch immer kalt, regnerisch und dunkel. Ich wusste, dass Ortschaften die Häuser nach Entstehung nummeriert haben und als ich beim Ortsanfang Hausnummer zwei und fünf fand, das nächste dann Hausnummer 14 war, wusste ich, dass es noch anstrengend wurde. Um Mitternacht macht dir am Land niemand mehr die Tür auf, auch wenn Licht brannte.

Nach einer halben Stunde fand ich schlussendlich das richtige Haus, nachdem ich einen genauen Blick auf die Naviapp gemacht habe und ich festgestellt habe, dass auf den einzelnen Grundstücken Nummern waren.

Ich legte mein Gepäck ab, konnte die nassen Sachen im Heizraum aufhängen und wie ich mich dann zu den drei Leutchen gesetzt habe und mir ein Bier gegönnt habe, konnte ich schon mit den anderen herzlichst über die Angelegenheit lachen. Kann ja auch nur mir passieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.